

Energie
Blockaden
Zwischen Geben und Nehmen - Wenn Helfen zur Belastung wird
28.10.2025
Lesedauer: 8 Minuten

Zwischen Geben und Nehmen - Wenn Helfen zur Belastung wird
Es gibt Tage, an denen du erschöpft ins Bett fällst und dich fragst, warum du eigentlich so ausgelaugt bist. Du warst doch nur für andere da, hast zugehört, unterstützt, geholfen. Doch genau das ist das Problem. Du gibst und gibst und gibst - und vergisst dabei, dass auch du Energie brauchst, dass auch du gefüllt werden musst. Neulich saß eine Frau vor mir, die kaum noch die Kraft hatte zu sprechen. "Alle kommen zu mir mit ihren Problemen", sagte sie leise, "und ich höre zu, gebe Rat, helfe, wo ich kann. Aber wenn es mir schlecht geht, ist niemand da. Und das Schlimmste ist, ich traue mich auch gar nicht zu fragen, weil ich doch die Starke bin, die immer für andere da ist." Was sie beschrieb, ist ein Muster, das ich sehr häufig beobachte - Menschen, die sich selbst völlig aufgeben im Helfen anderer.
Was ist das Helfersyndrom
Das Helfersyndrom beschreibt ein Verhaltensmuster, bei dem Menschen zwanghaft das Bedürfnis haben, anderen zu helfen, oft auf Kosten ihrer eigenen Bedürfnisse und ihres Wohlbefindens. Es ist mehr als einfach nur hilfsbereit zu sein. Es ist eine innere Getriebenbeit, eine Unfähigkeit, Nein zu sagen, eine Überidentifikation mit der Helferrolle. Betroffene definieren ihren Wert oft ausschließlich über ihre Fähigkeit, für andere da zu sein. Sie fühlen sich nur wertvoll, wenn sie gebraucht werden, nur geliebt, wenn sie sich nützlich machen.
Dabei zeigt sich, dass hinter diesem zwanghaften Helfen meist keine echte Großzügigkeit steckt, sondern unbewusste Bedürftigkeit. Die Helfenden geben nicht aus einem vollen Herzen heraus, sondern weil sie hoffen, dadurch Liebe, Anerkennung oder ein Gefühl von Bedeutsamkeit zu bekommen. Sie helfen, um nicht abgelehnt zu werden. Sie geben, um nicht allein zu sein. Sie opfern sich auf, um gebraucht zu werden. Diese Art des Helfens nährt niemanden - weder die Helfenden noch die vermeintlich Beschenkten.
Wie das Helfersyndrom entsteht
Die Wurzeln liegen meist in der Kindheit. Vielleicht hast du früh gelernt, dass du nur Aufmerksamkeit bekommst, wenn du dich nützlich machst. Dass deine Bedürfnisse unwichtig sind, aber die der anderen zählen. Vielleicht musstest du als Kind schon erwachsene Verantwortung übernehmen, für jüngere Geschwister sorgen oder emotional für deine Eltern da sein. Diese frühe Rollenumkehr prägt tief. Das Kind lernt, dass sein Wert darin besteht, für andere zu funktionieren.
Manchmal entsteht das Helfersyndrom auch aus einem tiefen Mangel an Selbstwert. Wenn du glaubst, dass du als Person nicht liebenswert bist, versuchst du durch Leistung und Hilfsbereitschaft diesen vermeintlichen Mangel auszugleichen. "Ich bin vielleicht nicht viel wert, aber wenigstens bin ich nützlich" ist die unbewusste Überzeugung. Was mir auffällt, ist, dass viele Menschen mit Helfersyndrom auch ein tiefes Bedürfnis haben, gebraucht zu werden. Sie haben Angst vor der eigenen Überflüssigkeit, vor dem Gefühl, nicht wichtig zu sein. Deshalb schaffen sie sich unbewusst Situationen, in denen andere von ihnen abhängig sind.
Auch die Vermeidung eigener Probleme kann eine Rolle spielen. Wenn du dich permanent um die Sorgen anderer kümmerst, musst du dich nicht mit deinen eigenen auseinandersetzen. Das Helfen wird zur Ablenkung, zur Flucht vor der eigenen inneren Leere oder den eigenen ungelösten Themen.
Die verschiedenen Gesichter des zwanghaften Helfens
Es gibt Menschen, die sich als emotionale Mülleimer zur Verfügung stellen. Sie hören sich stundenlang die Probleme anderer an, schlucken deren negative Energie und fühlen sich danach ausgelaugt und leer. Sie können nicht abgrenzen, können nicht sagen "Jetzt reicht es mir" oder "Darüber möchte ich gerade nicht sprechen." Sie glauben, dass gute Menschen immer verfügbar sein müssen. Dann gibt es die praktischen Helfer, die permanent für andere Dinge erledigen, die diese eigentlich selbst tun könnten. Sie räumen hinter anderen auf, übernehmen deren Verantwortung, lösen deren Probleme. Sie meinen es gut, aber sie entmündigen damit die anderen und verhindern deren Wachstum.
Manche Menschen helfen auch durch permanentes Ratgeben und Besserwissen. Sie müssen zu allem ihre Meinung sagen, wissen immer, was für andere richtig ist, können nicht einfach zuhören, ohne Lösungen anzubieten. Diese Form des Helfens ist oft eine subtile Form von Kontrolle. Der Helfer fühlt sich überlegen, gebraucht, wichtig - während der andere sich bevormundet und nicht gesehen fühlt. Häufig sehe ich auch die finanzielle Variante - Menschen, die anderen ständig Geld leihen oder Geschenke machen, obwohl sie selbst knapp bei Kasse sind. Sie kaufen sich damit unbewusst Zuneigung und Dankbarkeit.
Der Unterschied zwischen gesundem Helfen und Selbstaufopferung
Gesundes Helfen kommt aus der Fülle, nicht aus dem Mangel. Du hilfst, weil du etwas zu geben hast, nicht weil du etwas bekommen willst. Du kannst ohne schlechtes Gewissen Nein sagen, wenn es dir zu viel wird. Du respektierst die Autonomie des anderen und vertraust darauf, dass er seine Probleme selbst lösen kann. Du bietest Unterstützung an, aber du drängst sie niemandem auf. Beim gesunden Helfen achtest du auf deine eigenen Grenzen und Bedürfnisse. Du weißt, dass du anderen nur wirklich helfen kannst, wenn es dir selbst gut geht.
Selbstaufopferung hingegen ist getrieben von Angst, Schuld oder dem Bedürfnis nach Anerkennung. Du hilfst, auch wenn es dich überfordert. Du sagst Ja, obwohl alles in dir Nein scream. Du fühlst dich verantwortlich für die Gefühle und Probleme anderer Menschen. Du vernachlässigst dich selbst, deine Gesundheit, deine Bedürfnisse. Du bist erschöpft, ausgebrannt, leer - aber du machst weiter, weil du Angst hast, dass dich niemand mehr mag, wenn du nicht mehr hilfst.
Was sich zeigt, ist, dass selbstaufopfernde Helfer oft auch eine gewisse Märtyrerrolle einnehmen. Sie leiden still, beschweren sich vielleicht unterschwellig, aber ändern nichts an der Situation. Es gibt einen sekundären Gewinn in diesem Leiden - das Gefühl moralischer Überlegenheit, die Rechtfertigung für Bitterkeit, die Bestätigung der eigenen Opferrolle.
Die Folgen für die Helfenden
Wer dauerhaft über seine Grenzen hinaus gibt, zahlt einen hohen Preis. Körperlich kann sich das als chronische Erschöpfung, Burnout, geschwächtes Immunsystem oder psychosomatische Beschwerden zeigen. Der Körper signalisiert immer deutlicher "So kann es nicht weitergehen", aber oft werden diese Signale ignoriert. Emotional führt das ständige Geben ohne Nehmen zu Verbitterung und Groll. "Ich tue so viel für andere, und niemand tut etwas für mich" ist ein Gedanke, der sich einschleicht. Die anfängliche Freude am Helfen verwandelt sich in Pflichtgefühl und Überforderung.
Dabei bemerke ich, dass viele Helfer irgendwann das Gefühl haben, ausgenutzt zu werden. Und oft haben sie damit sogar recht - denn sie haben ja selbst die Rolle des ständig Verfügbaren, immer Gebenden eingenommen. Sie haben anderen beigebracht, dass sie immer da sind und alles mitmachen. Jetzt ist es schwer, aus dieser Rolle auszubrechen, weil das Umfeld das nicht gewohnt ist und möglicherweise ablehnend reagiert.
Die Folgen für die vermeintlich Beschenkten
Auch für diejenigen, denen geholfen wird, ist zwanghaftes Helfen nicht wirklich ein Geschenk. Sie werden in eine Abhängigkeit gebracht, lernen nicht, ihre eigenen Probleme zu lösen, entwickeln keine Selbstwirksamkeit. Die unterschwellige Botschaft ist "Du kannst das nicht alleine. Du brauchst mich." Das schwächt statt zu stärken. Außerdem spüren die meisten Menschen intuitiv, wenn Hilfe mit Erwartungen verbunden ist. Selbst wenn diese nicht ausgesprochen werden, entsteht ein Gefühl von Schuld und Verpflichtung. Die Beziehung ist nicht mehr frei und gleichberechtigt, sondern belastet durch unausgesprochene Schulden.
Wie die EFR-Methode bei Helfermustern helfen kann
Das Helfersyndrom hat oft tiefe energetische Wurzeln. Mit der EFR-Methode können die zugrunde liegenden Glaubenssätze und Ängste aufgespürt werden, die das zwanghafte Helfen antreiben. "Ich bin nur wertvoll, wenn ich gebraucht werde" oder "Wenn ich Nein sage, werde ich abgelehnt" sind Überzeugungen, die sich im Energiesystem festgesetzt haben. Wenn diese alten Muster auf energetischer Ebene gelöst werden, kann sich eine natürliche Balance zwischen Geben und Nehmen einstellen. Du lernst zu spüren, wann Helfen aus dem Herzen kommt und wann es aus alten Ängsten gespeist wird. Die EFR-Arbeit kann auch dabei unterstützen, die eigene Energie zu schützen und nicht permanent die Lasten anderer aufzunehmen.
Der Weg zur gesunden Balance
Der erste Schritt ist Bewusstwerdung. Erkenne, dass dein Helfen vielleicht nicht so selbstlos ist, wie du dachtest. Frage dich ehrlich, warum du hilfst. Was erhoffst du dir davon? Wovor hast du Angst, wenn du Nein sagst? Diese Selbstreflektion kann unangenehm sein, ist aber notwendig. Lerne, deine eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen. Sie sind genauso wichtig wie die anderer Menschen. Du darfst Grenzen setzen. Du darfst müde sein. Du darfst auch mal an dich denken. Das macht dich nicht egoistisch, sondern gesund.
Übe Nein zu sagen. Beginne mit kleinen Dingen. "Nein, heute kann ich nicht" oder "Nein, das möchte ich nicht tun." Beobachte, was passiert. Wahrscheinlich geschieht nicht die Katastrophe, die du befürchtet hast. Die meisten Menschen akzeptieren ein freundliches, klares Nein. Und die, die es nicht akzeptieren, haben dich wahrscheinlich sowieso nur ausgenutzt. Lerne auch, Hilfe anzunehmen. Viele Helfer sind großartig darin zu geben, aber können überhaupt nicht empfangen. Sie fühlen sich schwach oder schuldig, wenn andere für sie da sein wollen. Doch eine gesunde Beziehung ist ein Geben und Nehmen. Lass andere auch mal für dich da sein.
Was mir wichtig erscheint, ist zu verstehen, dass echtes Helfen den anderen in seiner Kraft lässt. Du bietest Unterstützung an, aber du übernimmst nicht die Verantwortung für sein Leben. Du vertraust darauf, dass er seine Herausforderungen meistern kann - eventuell mit deiner Begleitung, aber nicht durch deine Übernahme. Manchmal ist die beste Hilfe, jemandem zuzutrauen, dass er es selbst schafft.
Vom Helfersyndrom zur Selbstfürsorge
Die Heilung vom Helfersyndrom bedeutet nicht, dass du aufhörst, ein guter Mensch zu sein. Im Gegenteil - du wirst ein noch besserer, weil du aus echter Fülle gibst statt aus innerem Mangel. Du lernst, für dich selbst genauso gut zu sorgen wie für andere. Du entwickelst ein gesundes Maß an Selbstliebe und Selbstachtung. Du erkennst, dass dein Wert nicht davon abhängt, wie nützlich du für andere bist.
Diese Transformation braucht Zeit und Geduld. Alte Muster sitzen tief und wehren sich gegen Veränderung. Aber jeder Schritt in Richtung gesunder Grenzen ist ein Schritt in Richtung Freiheit. Du befreist dich von der Last, für das Glück anderer verantwortlich zu sein. Und paradoxerweise wirst du dann zu einem noch hilfreicheren Menschen - weil deine Hilfe aus Liebe kommt, nicht aus Angst.